„Geschichte auf der Spur“ und „Geschichte erleben“ – unter diesem Motto stand die Anne-Frank-Woche der Eichendorffschule Wolfsburg vom 10.-14.06.2024. In verschiedenen Aktionen durften die Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 5-10 erfahren, wie es Gleichaltrigen erging, die vom Regime der Nationalsozialisten verfolgt wurden.
Neben einer Ausstellung zu Anne Frank setzten sich die Schüler der 5. und 6. Klassen mit dem Buch „Hanas Koffer“ von Karen Levine auseinander. Ähnlich wie Hana 1942 packten die Schüler einen kleinen Koffer mit verschiedenen Gegenständen, die beim Aufbruch in eine ungewisse und unsichere Zukunft hilfreich sein könnten. Dabei mussten sie bedenken, was zum Leben wirklich notwendig ist und als Gruppe eine Lösung aushandeln. Geschick, Logik und Kreativität waren gefragt – und nicht zuletzt auch Kraft, wenn es darum ging, den vollen Koffer über eine gewisse Distanz zu schleppen.
Die Jahrgänge 7 und 8 wurden über den Kurzfilm „Sandrine“ aus der Reihe „Der Krieg und ich“ für die Situation von Kindern sensibilisiert, deren Eltern als Unterstützer verfolgter Menschen aktiv waren. Die Schüler konnten nachvollziehen, wie die 13-jährige Sandrine nach anfänglicher Skepsis die Beweggründe ihrer Eltern zu verstehen lernte, auch wenn sie selbst persönliche Einschränkungen hinzunehmen hatte. Sandrines Leid und ihr sich wandelnder Blick auf die Situation der untergetauchten Juden hielten die Schüler in Briefen fest, die sich auf unterschiedliche Weise mit den Ereignissen des Films auseinandersetzten.
Die wohl ergreifendste Aktion im Rahmen dieses Projekts erfuhren die 9. und 10. Klassen. Für sie ging es in das Hinterhaus, in dem Anne Frank und ihre Familie sich zwischen 1942 und 1944 versteckt hielten. Dieses Versteck wurde in einem engen und abgedunkelten Raum der Schule mithilfe verschiedener Möbel und Requisiten nachgebildet. Nach einer kurzen Einführung in Annes Geschichte durch Schüler des 12. Jahrgangs erhielten die Neunt- und Zehntklässler Rollenkarten, die ihnen bestimmte Charaktere innerhalb der Familie Frank und ihrer Mitbewohner zuwiesen. Mit diesem Wissen wurden sie durch einen abgedunkelten Gang und der Aufforderung, dass sie sich ruhig und unauffällig zu verhalten hatten, in den Raum geleitet. Dort wurden sie in Situationen verwickelt, die von ihnen im Sinne ihrer Rolle ruhig und mit Bedacht gelöst werden mussten. So gab es Streit zu schleichen, wenn Anne Herrn Dussels Kekse gegessen hatte oder wenn Uneinigkeit darüber herrschte, wie Annes Geburtstag gefeiert werden soll. Aber auch solch eine bedrohliche Situation wie ein Bombenangriff in der Nachbarschaft, der durch Hintergrundgeräusche simuliert wurde, hatten die Teilnehmer der Aktion zu bewältigen.
Im Nachgang des Erlebten wurden die Reaktionen der Schüler eingefangen. Sie bezeichneten die Erfahrung als „gruselig“, „beängstigend“, aber auch als „informativ“ und „realistisch“. „Man fühlte sich absolut ungewollt,“ äußerte eine Schülerin des 9. Jahrgangs. Gleich mehrere Schüler stellten sich die Frage, wann all dies endlich vorbei sei und erkannten somit die Schwierigkeit, eine solche Situation zwei Jahre lang durchstehen zu müssen, die von Dunkelheit, Isolation, Angst, Sorge, Einschränkungen, Ruhelosigkeit und dem Fehlen von Privatsphäre geprägt war. Zutreffend resümierte ein Schüler das Erlebnis mit den Worten: „Ein Schrecken, welchen ich nicht selbst erleben möchte.“